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Dienstag, 4. November 2008

31.10.2008 hanson brothers @ fabrik, hamburg


IT’S MY GAME OF PUCK ROCK!

Also wer jetzt nach „MMMBop“ fragt oder sonst irgendwie diese Band in Verbindung mit den 90er Jahre One-Hit-Wondern bringt, hat einen Puck zwischen die Zähne verdient. Da verstehen wir keinen Spaß mehr. Sehr wohl aber die Band die an diesem Abend in der Fabrik ihre ganz eigene Welt des Eishockey-Punk-Rocks zelebriert. Außerdem ist es ja auch noch das Halloween. Der Hansons Bassist ist also mit der Jason Voorhees Torwartmaske passender denn je ausgestattet. Auch die ganze unermüdliche Bande der NoMeansNo-Opas ist auf Spaß aus. Nur außergewöhnlich unterhaltsam war das am Ende dann irgendwie doch nicht.

Genauso wie eine Woche davor ist die Fabrik mit dem Publikum jenseits der 30 ziemlich gut gefüllt, mit dem Unterschied nur, dass heute keine Salsaeinlagen wie bei Calexico, sondern eher Bierduschen, wie es eben der Punk verlangt, erwartet werden.

Bei der ersten Band wäre das sogar zum Teil angebracht gewesen, nicht aus der kollektiven Euphorie, sondern um den Sänger von der Bühne zu vertreiben. „Hartmut Engler des Punk am Gesang“ war dazu in einem Internetforum zu lesen. Passt zwar wie die Faust aufs Auge (in diesem Falle lassen wir extra viel Raum für die passende Interpretation der Redewendung; trifft zu: ja oder nein) tut der Band aber ein wenig Unrecht. Punk mit deutschen Texten und null Innovation ist eben Geschmackssache. Also Zeitsprung zum Headliner, zumal man von der Vorband nicht mal den Namen gemerkt hat, Hilfe in dieser Sache also willkommen.


Gebrüder Hanson (zur Geschichte des Namens bitte den Film „Slap Shot“ mit kürzlich verstorbenen Paul Newman als Anschauungsmaterial nutzen) bringen gefühlte 200 Jahre und 4 Kilo graue Haare auf die Bühne. Aber schon die ersten One-Two-Three-Four-Hits und wenig später folgende „My Game“ lassen das alles beim fröhlichem Slam-Dancen vergessen.


“No fancy schmancy pants / And no dispy doodle dancing / It's hockey a la Hanson” damit jeder von den “Hockey Fans” auch sofort weiß was Sache ist. Und direkt noch einen drauf mit Songs über Frauen die nichts mit dem Spiel auf der rutschigen Eisfläche anfangen können („Danielle“) und die Verpflegung für unterwegs („Road Pizza“). Klassische Punk-Rock-Comedy also.


Der Boden vor der Bühne ist klebrig vom verschütteten Bier, man lässt sich wie ein Drittklässler rumschubsen und die Damen in Ramones T-Shirts (oder sind da doch die Hanson-Logos drauf?) haben anscheinend auch ihren Spaß. Irgendwie ist dann das Ganze auch viel zu schnell vorbei. Die 10-minutigen Post-Rock Epen fehlen in jedem der Konzertdrittel. Auch in der Verlängerung, die Tommy Hanson in einem St. Pauli Trikot absolviert, vermisst man die Hommagen an die "Godfathers Of Punk": „Blitzkrieg Hops“ und „Joey Had To Go“ fehlen leider. In den letzten Minuten kommt auch bedauerlicherweise keiner auf die Strafbank und Tommy selbst kaum zu Wort. Mehr „Shut Up, Tommy“ oder „We have to put the cabbage in a bag” hätten der Show nur gut getan.


Und das ist Schade, denn wie man weiß nur Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Also hätte man live das tolle „Tommy Speaks“ von der „It’s A Living“ Platte ungefähr so weiterspinnen können: „Tommy, have you been cashing in on all this hockey-mania in Canada right now?” Und stattdessen (man denkt an die Eintrittspreise von knapp 18 Euro): „Have the Hanson Brothers been cashing in on the death of the Ramones lately?“. Denn für die meisten anwesenden Fans ist der Eishockey letztlich ziemlich egal, die 2-minütigen Ramones-lastigen-Punk-Rock-Haiku aber kicken wie eh und je.


Die Kanadier sind aber einfach da um ihre eigene Version des Punk Rock zu spielen. Puck Rock eben. Nur ins Russische übersetzten werden wir das Wort Puck lieber nicht. Damit wollen wir die „grey-haired old farts“ auf der Bühne nicht unnötig brüskieren. Schließlich haben die ein ordentliches Spiel abgeliefert. Der Vergleich mit der Vorband wäre dann NHL vs. DEL = viel zu Null!

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Sonntag, 26. Oktober 2008

23.10.2008 calexico + bodies of water @ fabrik, hamburg


BUENAS TARDES AMIGO!

Alleine auf Konzerte zu gehen hat auf alle Falle irgendwas Positives und Reinigendes. Vor dem Konzert Drinks zu sich nehmen um in Stimmung zu kommen fällt aus, man ist ja schließlich kein Alki um alleine vorzuglühen. Während der Live-Darbietung muss man sich auch keine Gedanken machen ob denn das was gerade stattfindet den nach viel Überzeugungsarbeit mitgeschleppten Freuden auch gefällt. Und schließlich sind dann alle Daheimgebliebenen die Loser, die was cooles verpasst haben. Man ist alleine mit vielen Fremden und der Musik die einem einfach gefällt. Also wo waren wir noch mal? Ach ja, das Calexico Konzert. Und wenn schon so großtönend geredet wird, war das wirklich so ein einmaliges Erlebnis? Ach nö, aber schön war es trotzdem.

Am Anfang macht mich die Anzahl der Grauköpfe in der ausverkauften Fabrik nachdenklich. Bin ich im falschen Film wo alle auf dem Konzert nur bequem in den Ecken sitzen und Prosecco schlürfen? Calexico wirklich Altherrenrock wie ein Freund die mal abgestempelt hat? No way, also in die erste Reihe und abwarten.

Bodies Of Water spielen zu erst. Die Sängerin ist barfüßig und trägt ein Ganzkörperbody sowie eine Mireille-Mathieu-für-Anfänger-Frisur. Dabei grinst sie dauernd und freut sich über jeden Applaus und Zeichen der Aufmerksamkeit. Wie ein 8-jähriges Mädchen dass einen Shetlandpony im Streichelzoo reiten darf. Naiv und sympathisch ist das, wie auch die ganze Band die ihre hippiesken Folk-Rock Lieder zum Besten gibt. Teilweise sehr stoisch, mehrstimmig und fast schon so kämpferisch wie die sozialistisch angehauchten Kampflieder der Arbeiterklasse. Applaus ist sogar mehr als nur höflich was die Frau um so mehr zum Grinsen bringt.

Der Kopf sagt: „Sind doch irgendwie herrlich altmodisch, aber nicht muffig und ziemlich eigenständig“. Live zieht es trotzdem nicht, was wohl am nicht ganz optimalen Sound liegen dürfte (am Anfang ist der Bass gar nicht zu ertragen) und der viel zu hohen Anzahl von Ahs-and-ohs-per-second und das auch mit einer ziemlich hohen fast quieksigen Stimme der besagten Dame. Auf der Platte aber ganz gut. Tipp und ein heimlicher Hit: „Under The Pines“. Bitte reinhören.


Vor dem Headliner ist die Vorfreude bei vielen sehr groß: zu groß sogar wenn man die Dame in der ersten Reihe so laut kreischen hört, dass man zwangsläufig an Tokio Hotel Fans denken muss. Auf der Bühne scheint alles ganz schön professionell abzulaufen: ein halbes Dutzend Musiker, dreimal so viele Instrumente, Roadies, Wasser in den Plastikfläschchen, Handtücher und bereits ausgedruckte Tracklisten.


Dann geht’s auch schon los mit dem ganz coolen Joey und einem freundlich das Publikum anlächelnden John am Schlagzeug. Der warme perfekt abgemischte Sound umhüllt einen bereits bei den ersten Tönen von „Spokes“. Die Visuals passen auch optimal zum rustikalen Ambiente der Fabrik und lassen die Bühne in einem ganz neuen Licht erstrahlen.


Selten diese Location so schön und bezaubernd erlebt, genauso selten einen Schlagzeuger der so gefühlvoll mit seinem Instrument umgeht und dennoch das Maximum an Präzision und Sound rausholt. Ein wahre Freunde ist das und auch die Tracks klingen live kräftiger, rauer einfach mehr auf den Punkt gebracht als sonst auf der Platte.


„Roka“ mit pumpenden Kontrabass, „Not Even Stevie Nicks“ mir einer elektrischen statt akustischen Gitarre und „ House Of Valparaiso“ mit der wunderbaren Trompetenmelodie, alles große Klasse.


Überhaupt erst jetzt wird klar dass diese Band auf der Bühne ganz andere neue Facetten ihrer Musik zeigt, ihren Klangspektrum erweitert und einfach nur super klingt. Ich frag mich schon wie geil das ganze mit einem echten Mariachi-Orchester ausgesehen hat als sie damit getourt haben. World Music par excellence und ohne faden Beigeschmack des pseudo-hippiesken Weltverstehens-und-Liebhabens.


Und auch der Anfangsverdacht der abgeklärten Bühnenroutine wird von John zerstört als er auf sein Gitarrenkabel tritt und es herausreißt, später noch sein Instrument lange stimmen muss und ab und zu kleine Probleme mit dem Bodeneffektpedal, hat.


Zum Schluss noch ein paar Tropfen Wermut im Freudenbecher gefällig? Kein Problem: „Two Silver Trees“ klingt für meinen Geschmack zu sehr nach Schmalz-80ern, bei „Inspiracion“ verwechseln die Damen vor der Bühne das Konzert mit einem umsonst Salsa-Kurs für Anfänger und irgendwelche besoffenen Spackos wieder ganz vorne lachen und labern viel zu laut, so dass man sich fragt was sie hier überhaupt verloren haben.

Alles Nebensachen, denn nach psychedelischem Gute-Nacht-Abgang „Red Blooms“ kann man im Grunde genommen nur eins sagen: „Muchas Gracias Amigos!“



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